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Kombinierte Verfahrens- und Energieeffizienzanalyse mit einem Digitalen Zwilling

In Anbetracht des sich verändernden Energiemarktes und steigender Anforderungen an den wirtschaftlichen Betrieb rückt das Thema Energieeffizienz beim Betrieb verfahrenstechnischer Anlagen (z. B. auch auf Kläranlagen) zunehmend in den Fokus des wirtschaftlichen Handelns. Mit Hilfe von Energieanalysen sollen Energieeinsparpotenziale aufgedeckt werden, wobei jedoch bei Kläranlagen die Sicherstellung der Wasserreinigung gemäß der Abwasserverordnung stets oberste Priorität hat. Grundlage für die energetische Einordnung von Kläranlagen ist hauptsächlich das Arbeitsblatt DWA-A 216 – Energiecheck und Energieanalyse.

Trotz der bei den biologischen Prozessen einer Kläranlage gegebenen Einschränkungen existiert ein interessantes Verbesserungspotenzial durch steuerungs- und regelungstechnische Maßnahmen und maschinentechnische Anpassungen. Dieses Potenzial kann zur Verbesserung der Ablaufwerte und des Energieeinsatzes genutzt werden.

Die optimale Hebung dieses Potenzials ist allerdings eine herausfordernde interdisziplinäre Ingenieursaufgabe. Bei der Verbesserung der verfahrenstechnischen Funktion der Kläranlage als Aufgabe für Verfahrensingenieur:innen (Siedlungswasserwirtschaftler:innen) muss eine abgestimmte Maschinentechnik (Pumpenstaffeln, Belüfterelemente, Belegungsdichte, Luftverteilsystem, Gebläsestaffel, Schieberauslegung) installiert werden. Dadurch können die Anforderungen mit hohem Wirkungsgrad umgesetzt werden. Letztlich muss eine darauf abgestimmte Automatisierungstechnik mit Hilfe der Ausrüstung das Verfahren stabil, schnell und lastabhängig in den jeweils besten Arbeitspunkten halten.

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Ein leistungsfähiges Werkzeug für alle drei Aufgaben ist die Nutzung des Werkzeugs der Simulation. Mit diesem Ansatz wird ein „digitaler Zwilling“ als Computermodell erstellt das alle relevanten Komponenten enthält.

Mechanismen zur Energieeinsparung

Verfolgt man das Schicksal der chemisch oxidierbaren Stoffe in einer Kläranlage stellt man fest, dass ein großer Anteil oxidiert wird (mit Sauerstoff oder Nitrat). Der Anteil, der mit Sauerstoff oxidiert wird, generiert den hauptsächlichen Energiebedarf einer Kläranlage.

Im Gegensatz dazu kann der Anteil, der letztlich als Biogas vorliegt, als Energiequelle genutzt werden (thermisch und elektrisch). Als Ansatz zur verfahrenstechnischen Optimierung, aber auch zur Planung von Automatisierungskonzepten, die den Energiebedarf minimieren sollen, bieten sich daher verschiedene Möglichkeiten an.

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DIGITALISIERUNG ZUM ANFASSEN

Kennen Sie schon unseren Demonstrator »Wassermanagement 4.0«? Mit diesem Demonstrator veranschaulichen wir die Funktionsweise des Digitalen Zwillings am digitalen Simulationsmodell einer Anlage und seine Wirkung hinsichtlich Reinigungs- und Energieeffizienz.

So sparen Sie Energie ein

Effiziente Sauerstoffversorgung: Eine Option besteht darin, den Energiebedarf für die Bereitstellung des benötigten Sauerstoffs zu minimieren.

  • Maximierung Wirkungsgrad Drucklufterzeugung
  • Minimierung des Sauerstoffüberschusses (großer Abstand von der O2-Sättigung)

Maximierung Eigenversorgung: Des Weiteren sollte der Anteil des Chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB), der als Biogas verfügbar wird, vergrößert werden, wobei gleichzeitig der zu oxidierende Anteil verringert wird. Dies kann erfolgen durch:

  • optimale Nutzung der Vorklärung und durch eine
  • Schlammalterregelung

Maximierung Denitrifikation: Und weiterhin muss der Anteil des aerob oxidierten CSBs zu Gunsten des anoxisch oxidierten CSB verringert werden, d. h.: Maximale Denitrifikation.

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Integrierte Planung mit Simulation

Wie einleitend dargestellt ist bei jeder Maßnahme zur Minimierung des Energieeinsatzes die verfahrenstechnische Funktion der Anlage zumindest sicherzustellen, wenn möglich zu verbessern. Die Auswirkung der unterschiedlichen möglichen Maßnahmen auf die Funktion (u. a. Ablaufwerte) der Anlage ist mit einfachen stationären Überlegungen meist nicht zu quantifizieren. Hier muss in der Regel mit dem Werkzeug der dynamischen Simulation gearbeitet werden, alternativ bleibt nur die Methode „Try and Error“ an der realen Anlage.

Simulationssoftware mit den erforderlichen Modellen ist von verschiedenen Anbietern verfügbar. In Deutschland wird vorrangig mit SIMBA gearbeitet.

Zusammenfassung

Potential zur Minimierung des Energiebedarfs versteckt sich in vielen Details von Verfahrensgestaltung, Betriebsführung, Ausrüstung und Automatisierung:

  • Optimale O2-Profile, Variable Anpassung des O2-Niveaus der Anlage,
  • Maximale Denitrifikation,
  • Angepasste Belegungsdichte der Belüfter, Anpassung an typische Betriebspunkte,
  • Dimensionierung der Gebläse, Auslegung Staffel,
  • Regelungskonzept Luftbereitstellung (e.g. Gleitdruck),
  • Einsatz optimierter Stelleinrichtungen (Schieber) usw.

Für alle diese Fragestellung erweist sich die Nutzung von Simulationsmodellen als leistungsfähiges Ingenieurwerkzeug. Die Nutzung der Simulation ist für einen einzelnen, isolierten Aspekt vermutlich nicht kosteneffektiv, aber die gemeinsame Beantwortung einer Vielzahl von Fragestellungen in Kombination mit der verfahrenstechnischen Optimierung ist sehr häufig angezeigt:

Die hier vorgestellte Methodik stellt den leistungsfähigsten Ansatz zur Kläranlagenplanung, zur Planung der maschinentechnischen Ausrüstung und zur energetischen Optimierung von Kläranlagen dar. Im Rahmen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Magdeburg bieten wir Leistungen im Themenfeld der Modellierung und Simulation kontinuierlicher Prozesse, wie etwa einen Workshop „Simulation für Planung und Betrieb ressourceneffizienter Anlagen“, an.